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Re-Start am 21. März: 2. Frauen-Bundesliga nimmt den Spielbetrieb wieder auf

Der Deutsche Fußballbund (DFB) hat sich positioniert und die insgesamt 18 Vereine der 2. Frauen-Bundesliga, unter anderem die SG 99 Andernach, am Donnerstagnachmittag offiziell per E-Mail darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Spielbetrieb am 21. März nach dann knapp fünfmonatiger Pause wieder aufgenommen werden soll. Ein entsprechendes 50-seitiges Hygienekonzept wurde vom DFB-Präsidium abgesegnet und in § 20a der Durchführungsbestimmungen zur Spielordnung verankert. Alle Mannschaften der Nord- und Südstaffel sind mittlerweile per Ausnahmegenehmigung wieder im Trainingsbetrieb. Hilfreich war dabei ein Unterstützungsschreiben des DFB, das die Vereine neben dem umfangreichen Hygienekonzept den lokalen Behörden vorgelegt haben.

Vor dem Wiederbeginn hatte jede Mannschaft zwei Antigen-Schnelltests im Abstand von mindestens 48 Stunden und maximal fünf Tagen vorzunehmen. Erst bei durchgängig negativem Befund erfolgte der Startschuss. Der ist bei der SG 99 bereits am 2. Februar ertönt, bei einigen anderen (zum Beispiel 1. FC Köln und RB Leipzig) sogar früher. Das Hygienekonzept ist deutlich schärfer als beispielsweise das für die Regionalliga Südwest der Männer. So sind im Spielbetrieb gleich zwei Schnelltests pro Woche erforderlich. Isabelle Hawel und Florian Stein, Trainergespann der SG 99, sehen der Entwicklung mit gemischten Gefühlen entgegen: „Wir sind maximal dankbar und freuen uns einerseits über das Privileg, wieder spielen zu dürfen. Andererseits sind wir uns aber auch unserer gesellschaftlichen Verantwortung und der Vorbildfunktion bewusst. Unter den vorgegebenen Bedingungen verhalten wir uns so professionell wie möglich.“

Bis zum 6. Juni sollen nun laut angepasstem Terminplan die jeweils 13, teilweise 14 noch ausstehenden Spiele der einzelnen Teams unter Dach und Fach sein. Damit aber nicht genug: An den beiden darauffolgenden Wochenenden ermitteln die jeweils Tabellensechsten der beiden Neunerstaffeln in Hin- und Rückspiel noch den siebten Absteiger. Dahinter steckt die Absicht, die momentan erneut zweigeteilte Klasse mit 18 Mannschaften in einem Rutsch wieder auf das eingleisige 14er-Format für die Saison 2021/22 zu bringen. Die sieben Absteiger reduzieren das Feld im ersten Schritt auf elf Teilnehmer, hinzu kommen im Anschluss drei Plätze für die Relegationsrunde der aufstiegswilligen Regionalligisten – sofern die bei immer noch ungeklärter Lage sportlich überhaupt ermittelt werden können.

Für die SG 99 Andernach birgt die vorgesehene Terminierung einige Tücken und wirft laut Hawel und Stein „ganz, ganz viele Fragezeichen“ auf. Gleich vier englische Wochen sieht der Spielplan für die Bäckermädchen vor, jedes Mal muss die Mannschaft dabei an einem Mittwoch auswärts in minimal 170 bis maximal 520 Kilometer Entfernung antreten. Die Auftaktpartie, vorgesehen beim FC Bayern München II, kann nicht am 21. März stattfinden, weil die SG 99 an diesem Wochenende im DFB-Pokal gegen Eintracht Frankfurt antritt. Was gleich die erste englische Woche verursacht, gefolgt von einer zweiten. Das Andernacher Trainergespann sieht auch das recht zwiespältig: „Eine sehr unglückliche Konstellation. Da werden wir ja schon fast dafür bestraft, dass wir im Pokal so weit gekommen sind. Aber wir nehmen die Herausforderung natürlich an.“

Inklusive der Pokalpartie müssen die Andernacherinnen bis Ostern voraussichtlich gleich fünfmal innerhalb von nur zwei Wochen ran. Die Abfolge im Zeitraffer: Eintracht Frankfurt (20./21. März), FC Bayern München II (24. März), TSG Hoffenheim II (28. März), Würzburger Kickers (31. März), Eintracht Frankfurt II (3./4. April). Sollte sich die SG 99 überraschend fürs DFB-Pokalhalbfinale qualifizieren: Das steht ebenfalls an Ostern auf dem Programm, letztgenannte Zweitliga-Partie müsste verlegt werden und würde dann eine weitere englische Woche verursachen. Noch alles Theorie, kommen wir zur Praxis: Vor dem möglichen Re-Start gehen drei Testspiele über die Bühne. Am Sonntag, 28. Februar (14 Uhr), messen sich die Bäckermädchen zunächst mit dem Bundesliga-Dritten TSG 1899 Hoffenheim, die Begegnung mit dem Champions-League-Aspiranten findet auf dem Rasenplatz in St. Leon-Rot statt.

Gabor Gallai, Trainer des Gastgebers, wird voraussichtlich nicht mit voller Kapelle antreten, weil sich gleich acht Spielerinnen in den vergangenen Tagen im Länderspiel-Einsatz befanden. Die deutschen Nationalspielerinnen Lena Lattwein und Tabea Waßmuth – beide wechseln im Sommer zum VfL Wolfsburg – werden nach den Länderspielen gegen Belgien (2:0) und am Mittwoch gegen die Niederlande (1:2) jetzt womöglich geschont oder nur phasenweise eingesetzt. Das könnte auch für Nicole Billa gelten, die österreichische Top-Stürmerin führt mit 17 Treffen derzeit die Bundesliga-Schützenliste an. Im Anschluss trifft die SG 99 auf zwei renommierte Teams der 2. Bundesliga Nord: Am Sonntag, 7. März (14 Uhr) kommt Arminia Bielefeld ins Andernacher Stadion, exakt eine Woche später die Borussia aus Mönchengladbach. Beide Spiele finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf dem Kunstrasenplatz statt.

Ein Spiel der Andernacher Fußballfrauen (hier mit Lisa Umbach im blauen Trikot) im eigenen Stadion – und das auch noch vor interessiertem Publikum. So letztmals geschehen am 31. Oktober des Vorjahres. Die DFB-Pokalpartie gegen den 1. FC Saarbrücken (3:1) bildete den Beginn einer langen Corona-Pause, die mit dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt am 20. oder 21. März endet. Am gleichen Wochenende wird auch wieder die 2. Bundesliga fortgeführt. Nach jetzigem Stand allerdings ohne Zuschauer. Foto: Andreas Walz




Interview mit Kim Kossmann: „Wir sind zu Recht Tabellenführer“

Es ist der 25. Oktober 2020. Mit einem 3:0-Auswärtssieg in Morbach schiebt sich die SG 99 Andernach an die Tabellenspitze der Rheinlandliga. Vier Monate später stehen die Bäckerjungen immer noch auf dem Platz an der Sonne, haben allerdings auch kein weiteres Spiel mehr bestritten. Wegen der Corona-Pandemie wurde der Spielbetrieb unterbrochen. Nach wie vor weiß keiner, ob und wann es mit der Saison weitergeht. Zeit, einmal nachzufragen, wie Trainer Kim Kossmann mit der Situation umgeht.

Kim, wie sehr fehlt dir der Fußball gerade?
Kim Kossmann Natürlich ist es schön zu Hause zu sein, gerade weil ich meinen kleinen Sohn viel häufiger sehen kann. Nichtsdestotrotz fehlt mir der Fußball schon sehr. Wobei ich gar nicht genau sagen kann, ob es nicht vielleicht noch mehr die Jungs sind. Dass wir trainieren, ein Bierchen trinken. Das Zusammensein, das fehlt schon.

Glaubst du daran, dass die Saison noch fortgesetzt wird oder müssen wir bis zum Sommer auf Amateurfußball warten?
Kossmann Meine Stimmung ändert sich beinahe täglich. Mal denke ich, es geht weiter. Mal denke ich, es geht nicht weiter. Ich habe mittlerweile aufgehört, mir darüber Gedanken zu machen. Wenn es weitergeht, freue ich mich sehr. Wenn ich mir überlege, dass wir erst im August in sechs Monaten unser erstes Pflichtspiel haben, das tut schon sehr weh. Das wäre verrückt. Aber wir können das nicht ändern. Wir müssen es nehmen, wie es kommt.

 

Habt ihr denn Kontakt mit dem Fußballverband?
Kossmann Der Verband hat jetzt mit Online-Konferenzen angefangen. Am Donnerstag habe ich selbst an einer teilgenommen. Fakt ist, der Verband will unbedingt die Hinrunde zu Ende spielen. Aber die Entscheidung liegt ja nicht bei ihnen, die kommt von oben. Wenn wir am 15. März wieder auf den Platz können und am ersten April-Wochenende wieder spielen können, dann wird es funktionieren. Später wohl nicht mehr. Das liegt auch an den drei Wochen Vorbereitungszeit, die der DFB für den Amateursport fordert.

Kossmann ist seit September 2019 Trainer der Ersten.

Ein Abbruch der Saison wäre wahrscheinlich doppelt bitter, weil ihr gerade Tabellenführer seid.
Kossmann Wenn ich da nein sagen würde, würde ich lügen. Wir haben bisher eine richtig gute Runde gespielt. Wir sind Tabellenführer und meiner Meinung auch zu Recht. Von daher wäre das natürlich total bitter. Aber so ist das im Leben. Letztes Jahr haben wir profitiert. Da waren wir beim Abbruch Vorletzter, auch wenn ich zu 100 Prozent glaube, dass wir ohnehin die Klasse gehalten hätten. Aber wir haben uns einige graue Haare erspart. Jetzt sind wir Erster und hätten natürlich gerne weitergespielt.

Wie wurdet ihr eigentlich vom Vorletzten zum Ersten in ein paar Monaten?
Kossmann Wir sind eine richtige Einheit geworden. Da trägt natürlich auch der Erfolg ein wenig zu bei. Wir haben uns fußballerisch etwas weiterentwickelt und unsere Neuzugänge sind eingeschlagen. Alle machen einen richtig guten Job. Wir kommen aber vor allem über die Gemeinschaft, das merkt man auf dem Platz und außerhalb. Wir hatten immer eine Trainingsbeteiligung von 16, 17, 18 Leuten.

Wie haltet ihr denn gerade Kontakt?
Kossmann Die ersten zwei Wochen haben wir uns noch per Zoom zum Training getroffen. Aber als klar wurde, dass wir längere Zeit keinen Fußball spielen werden, wollte ich den Jungs auch nicht auf die Nerven gehen. Ein Fußballer will Fußball spielen und hat keinen Bock, drei Mal die Woche Liegestütze bei Zoom zu machen. Ich muss sagen, die Jungs machen wirklich viel. Aber einen festen Trainingsplan gibt es nicht. Erst wenn wir wissen, dass wir bald wieder auf den Platz dürfen.

Wie würde so eine kurze Vorbereitung dann aussehen?
Kossmann Das ist natürlich auch für mich komplett neu. Ich bin seit anderthalb Jahren Trainer der ersten Mannschaft und hab noch keine Saison zu Ende gespielt. Ich muss mir da auch Gedanken drum machen, bin aber guter Dinge.

Kossmann bei einem der wenigen Spiele seines Teams auf dem Stadion-Rasen.

Ihr habt den Blick auch schon auf die kommende Saison gerichtet. Mit Fabian Weber gibt es einen externen Neuzugang, dazu mehrere Spieler aus der A-Jugend. Ist die Kaderplanung damit abgeschlossen?
Kossmann Es ist nichts mehr geplant. Es müsste schon einiges zusammenkommen, damit wir extern nochmal jemanden holen. Auch Fabian Weber ist quasi ein Andernacher Junge, der zwei Jahre bei mir in der A-Jugend gespielt hat. Die nächsten zwei, drei Jahre haben wir richtig großes Potenzial in der Jugend. Auf die Spieler wollen wir setzen. Als Tabellenführer mit Chancen auf die Oberliga kriegst du natürlich ganz viele Anrufe und Nachrichten, in denen dir Spieler angeboten werden. Das haben wir alles abgelehnt.

Könnte der Andernacher Weg mit einem Oberliga-Aufstieg nicht auch vielleicht an seine Grenzen geraten? Weil es da ohne Externe vielleicht nicht mehr reicht.
Kossmann Möglich. Wenn das wirklich so kommt, dann werden wir das als Abenteuer ansehen und die Zeit genießen. Wir werden sehen, was wir draus machen. Wir wissen, dass wir finanziell mit ganz weitem Abstand den geringsten Etat der Liga hätten. Es wäre dennoch eine coole Sache für uns. Bis dahin ist es aber noch ein ganz weiter Weg.

Hast du Angst, dass es Jugendspieler gibt, die im Corona-Lockdown die Lust am Fußball verlieren?
Kossmann Selbstverständlich hat man Angst, dass das bei Kindern passieren kann. Aber in unserer A- oder B-Jugend wird es keinen geben, der einfach aufhört. Das sind schon Leistungssportler und Fußballer durch und durch. Die sind mit Herz dabei. Ähnlich wie bei der Ersten, die sind alle heiß.

Was muss passieren, damit du am Ende mit dem Fußballjahr zufrieden bist? Der Oberliga-Aufstieg oder einfach nur, dass es weitergeht?
Kossmann Wir wären einfach froh, wenn es weitergeht. Wenn wir unserem Hobby wieder nachgehen, wir uns drei, vier Mal die Woche auf dem Platz treffen, trainieren und anschließend ein Bierchen trinken können. Da redet auch keiner von Oberliga-Aufstieg oder sowas. Wir sind froh, wenn wir wieder kicken können.

Glaubst du denn, dass 2021/22 wieder eine normale Fußballsaison wird?
Kossmann Da gehe ich von aus. Irgendwann muss es ja weitergehen. Nicht nur im Fußball, sondern generell im Leben. Wir können uns ja nicht für immer zu Hause einschließen, irgendwann wollen wir wieder unser altes Leben zurück.

Die Fragen stellte Marc Latsch.




Sechs Neuzugänge: SG 99 setzt auf die Jugend

Auf dem Platz rollt nun schon seit Monaten kein Ball mehr, neben dem Platz laufen dagegen die Vorbereitungen für die nächste Spielzeit auf Hochtouren. Mit sechs Neuzugängen aus der eigenen A-Jugend wollen erste und zweite Mannschaft in der Saison 2021/22 auf Torejagd gehen. Florian Dünker, Michael Koch, Timon Jost, Paul Zwickert, Drilon Demiraj und Johnny Mosen sind dann neu im Seniorenbereich dabei.

von links oben nach rechts unten: Florian Dünker, Michael Koch, Timon Jost, Paul Zwickert, Drilon Demiraj und Johnny Mosen.

„Wir werden nächstes Jahr ein gutes und talentiertes Team an den Start bringen“, sagt Kevin Müller als Trainer der zweiten Mannschaft. „Es ist eine sehr gute Mischung aus jung und alt.“ Denn auch wenn die „Zwote“ in Zukunft etwas verjüngt werden soll, neben Talenten dürften auch erfahrene Spieler wie Kim Kossmann, Georg Egorov und Dominik Grösgen weiter für das Team auflaufen. Jonas Maxein, Nik Ackermann und Karl Runkowsky sind bereits in der Winterpause nach Miesenheim gewechselt, weitere Abgänge sollen im Sommer jedoch nicht folgen. „Der Kader bleibt zusammen“, sagt Müller.

„Es ist unser Ziel, dass wir die Spieler aus der Jugend hochholen“, sagt auch Kim Kossmann als Trainer der ersten Mannschaft. „Wir arbeiten eng mit der Zweiten zusammen, damit die Jungs an Spielpraxis kommen.“ Die sechs Neuzugänge sollen dabei sowohl in der Reserve als auch in der ersten Mannschaft ihre Chance erhalten.

In welcher Liga die beiden Mannschaften in der nächsten Saison antreten werden, ist offiziell noch unklar. Müller geht jedoch für die „Zwote“ stark von einer weiteren Spielzeit in der Kreisliga A aus. Nicht nur, weil er an den sportlichen Klassenerhalt der Mannschaft glaubt. „Meine persönliche Meinung ist, dass wir die Saison nicht zu Ende spielen werden“, sagt Müller. „Ich lasse mich aber gerne positiv überraschen.“

(mlat)