Der Spielbetrieb im Amateurfußball ruht in der Corona-Pandemie nicht nur für die Seniorenmannschaften, auch die Jugendligen sind seit Monaten in der Zwangspause. Salvatore Nizza ist bei der SG 99 Andernach für die Junioren zuständig. Im Interview spricht er darüber, ob er an eine Saisonfortsetzung glaubt und welche großen Ziele sich der Verein für die kommenden vier Jahre gesetzt hat.
Salva, du bist Sportlicher Leiter Junioren bei der SG 99 Andernach. Was ist deine Aufgabe?
Salvatore Nizza Wir sind zunächst einmal mit Markus Durben, Stefan Schmidt und mir ein Team. Wir arbeiten konzeptionell. Zum Beispiel haben wir für die kommende Saison unser Bäckerjungenkonzept erweitert. Wir werden Spezialtraining für die einzelnen Positionen anbieten, um uns auf dem Markt noch besser zu positionieren. Darüber hinaus bin ich auch für Spielergespräche, Trainergespräche und das Einstellen von Trainern zuständig.
In der Saison 2019/20 trainierte Nizza noch selbst die B-Junioren der SG 99.
Du bist dann übergeordnet für alle männlichen Jugenden zuständig?
Nizza Ja, genau. Ich bin aber schon auf den Leistungsbereich spezialisiert. Auch wenn mich da Stefan Schmidt sehr entlastet, vor allem in der B-Jugend-Regionalliga. Markus Durben kümmert sich von der D-Jugend abwärts um die Administration. Ich bin dann bei der A-Jugend auch die Schnittstelle zu unserem Seniorentrainer Kim Kossmann. Um zu schauen: Welche Jungs kommen hoch, wen kann man in die erste oder zweite Mannschaft hochholen.
Was macht ihr denn in der Jugend anders als andere Vereine?
Nizza Das neue positionsspezifische Training, das in der C-, B- und A-Jugend in einen Trainingstag integriert werden soll. Da werden dann Verteidiger mit Verteidigern zusammengesteckt, Mittelfeldspieler mit Mittelfeldspielern und Stürmer mit Stürmern. Da soll an den jeweils entscheidenden Themen gearbeitet werden, beispielsweise: Wie agiere ich in der Kontervermeidung? Wie verteidige ich in Unterzahl? Wie verarbeite ich Flanken richtig? Besonders ist auch unser Bäckerjungenweg, den wir dieses Jahr noch extremer gehen. Sechs Jungs werden in die erste und zweite Mannschaft aufsteigen.
Du siehst die Jugendabteilung also gut aufgestellt?
Nizza Absolut. Aber natürlich haben wir noch Verbesserungspotenzial. Im Leistungsbereich haben wir in den letzten vier Jahren enorm viel gutgemacht. In der C-Jugend hat uns im letzten Jahr nach einer schlechten Saison Corona gerettet. Ansonsten haben wir im B- und A-Jugend-Bereich sehr viel richtig gemacht. Davon profitieren wir jetzt in der ersten Mannschaft. Nach der TuS Koblenz bieten wir momentan die beste Jugendarbeit im Umkreis. Darauf sind wir stolz, aber wir dürfen uns nicht ausruhen. Daher sind wir auch fortwährend in allen Altersbereichen auf Trainersuche.
Wo läuft es nicht so gut?
Nizza Von der D-Jugend abwärts haben wir viel Aufholbedarf. Da müssen wir unheimlich ackern. Markus Durben arbeitet dafür schon in der F-Jugend hart. Natürlich haben wir mit dem FC Andernach einen Mitstreiter, der seine Hausaufgaben in dem unteren Bereich in den letzten Jahren enorm gut gemacht hat. Deshalb waren wir letztes Jahr froh, dass uns der FC in der C-Jugend mit sehr vielen Spielern bestückt hat.
Ist es denn schwer, die Balance zwischen dem Leistungsbereich und einem Sportangebot für alle Kinder zu halten?
Nizza Nein, dafür haben für ja die zweiten Mannschaften. Wir haben ein klares Konzept für die leistungsorientierten Jungs. Wir wollen aber auch wieder eine A2 melden. A2, B2, C2 – das steht für den Breitensport. Das ist eine Aufgabe, der wir uns bewusst und mit Freude stellen.
Jetzt ruht schon seit Monaten der Spielbetrieb. Wir bleibt ihr in den einzelnen Mannschaften mit den Jungs in Kontakt?
Nizza Ich weiß aus erster Hand, dass die C1 sich wöchentlich digital trifft. Ich weiß das nicht von jeder Mannschaft. Ich habe da aber auch so viel Vertrauen, dass ich den Trainern freie Hand lasse. Man muss den Jungs auch Zeit geben, sich mal vom Kopf her frei zu machen. Diese Zeit ist psychisch nicht ganz so einfach für die Jungs. Im Endeffekt wollen wir alle wieder auf den Platz.
Habt ihr Angst, dass gerade in den kleinen Jugenden während Corona Spieler die Lust verlieren?
Nizza Ehrlich gesagt habe ich diese Angst nicht. Ich habe bislang auch nichts davon gehört, dass Jungs abspringen wollen. Die einzige Sorge ist E-Sports, dass uns die Jungs in die Richtung abspringen. Da versuchen wir auch ein Konzept zu erarbeiten, um den Weg mitzugehen.
Bleibt es bei dem Trend, dass immer weniger Jungs Fußball spielen wollen?
Nizza Wir können schon feststellen, dass weniger Jungs da sind. Bei den Damen sieht man das noch mehr, aber bei uns auch. Wir hatten im letzten Jahr in der F-Jugend einen enormen Zulauf, aber ansonsten hat man das schon gemerkt.
Wie könnt ihr die Trendwende schaffen?
Nizza Begeisterung. Du brauchst Trainer, die das nicht nur wegen der Kohle machen, die Bock haben, die Jungs zu begeistern. So wie mich mein erster Trainer begeistert hat. Der hat dafür gesorgt, dass ich so eine Leidenschaft für Fußball habe.
Glaubst du, dass die Saison für alle Jugendteams fortgesetzt werden kann?
Nizza Ich glaube, dass es im A-, B- und C-Jugendbereich wieder losgehen wird. In der D-Jugend vielleicht auch. Aber in der E-Jugend abwärts glaube ich nicht, dass da bis zum Saisonende noch was passiert.
Bei der A-Jugend hängt von einer Fortsetzung auch der mögliche Aufstieg in die Regionalliga ab.
Nizza Die Faktenlage jetzt ist: Wenn die Saison abgebrochen wird, steigen wir nicht auf. In der Satzung steht drin, dass wir die Hälfte der Saison spielen müssen. Das wären noch zehn Spiele. Es wäre schon gut, wenn wir weiterspielen könnten. Sonst würde uns das ein Jahr zurückwerfen. Aber dann wäre es halt so.
Was sind weitere Ziele, die ihr in den kommenden Jahren erreichen wollt?
Nizza Langfristig wollen wir nicht nur mit der A-Jugend, sondern auch mit der C-Jugend in die Regionalliga und mit der D-Jugend in die Rheinlandliga aufsteigen. Dafür haben wir den Masterplan 2025 entwickelt. Dann wollen wir alle Mannschaften in der Regionalliga und eventuell auch unsere erste Mannschaft in der Oberliga haben. Nach außen möchten wir uns als Ausbildungsverein positionieren. Mit einer „Bäckerschule“, die auch bei der Persönlichkeitsentwicklung und mit unseren Partnern bei der Ausbildungsplatzsuche helfen soll.
Die Fragen stellte Marc Latsch.