Seit diesem Sommer hat die SG 99 Andernach einen neuen Vorstand. Ein Gespräch zum Jahresende mit dem Vorsitzenden Franz Josef „Jupp“ Kowalski über sportliche Höhen und Tiefen und ein ganz besonderes Bauprojekt.
Jupp, du bist seit einem halben Jahr Vorsitzender der SG 99 Andernach. Wie fällt deine erste Bilanz aus?
Jupp Kowalski Sehr positiv. Der neu zusammengesetzte Vorstand harmoniert sehr gut. Wir haben uns gut eingearbeitet und sind wirklich auf einem guten Weg.
Vor allem bei den Frauen läuft es derzeit sportlich hervorragend. Wie beurteilst du die Entwicklung, die der Frauenfußball im Verein genommen hat?
Kowalski Die Damen sind in aller Munde, das muss man schon sagen. Die Arbeit, die da verrichtet wurde, allen voran durch Bodo Heinemann, ist sensationell. Sie spielen jetzt um die Meisterschaft in der Zweiten Liga. Da wird richtig gute, professionelle Arbeit gemacht. Und das alles in einem Amateurverein.
Tut es auch ein bisschen weh, wenn du weißt, die Frauen könnten es sportlich in die Erste Bundesliga schaffen, aber die Rahmenbedingungen reichen dafür derzeit nicht aus?
Kowalski Ja, absolut. Ich bin der Meinung, wenn man sportlich einen Aufstieg schafft, dann sollte man auch in der nächsthöheren Liga spielen. Natürlich ist das sehr ärgerlich, wenn du nicht gegen die ganz Großen spielen kannst, weil die Infrastruktur es nicht zulässt. Aber ich glaube, dass in diesem Bereich auch mit den Sponsoren einiges möglich ist und dass wir über kurz oder lang auch einen Weg finden, um das zu stemmen.
Es ist also kein „Nein“ für immer?
Kowalski Auf keinen Fall. Wenn die Voraussetzungen des DFB erfüllt würden, wäre ich immer dafür, schon im nächsten Jahr Erste Liga zu spielen. Weil die Mannschaft einfach für die harte Arbeit belohnt werden sollte.
Schon jetzt sind es ja fast nur Frauenteams von Herren-Profimannschaften, die sportlich noch erfolgreicher sind als die SG 99 und in der Bundesliga spielen.
Kowalski Ja, genau. Es ist schön, wenn man dann liest, dass die SG 99 Andernach bei den ganz großen Namen wie Leipzig gewinnt. Ich bin viel in der Stadt unterwegs und die SG hat hier schon viele Anhänger, die das Ganze verfolgen. Ich höre immer, dass die Leute das sehr positiv sehen. Auch die, die nicht ins Stadion kommen.
Jetzt lief es in dieser Saison bei den meisten Seniorenteams sehr gut, nur die Erste Herrenmannschaft war so ein bisschen das Sorgenkind. Bis zu einem grandiosen Zwischenspurt in den vergangenen Wochen mit fünf Siegen aus sechs Spielen.
Kowalski Ich habe in den Vorstandssitzungen und auch in den Gesprächen mit Kim Kossmann immer gesagt: Bleibt ruhig, das Blatt wendet sich auch wieder. Ich glaube nach den ersten drei Spielen war der Spielplan nicht gerade günstig für uns, da kamen viele Faktoren zusammen. Und dann hängst du irgendwie vom Kopf auch drin. Aber sie haben den Wendepunkt geschafft und sind jetzt wieder fast im Soll.
Es ist schon fast typisch für die Erste Herrenmannschaft, dass sich gute und schlechte Serien abwechseln.
Kowalski Das ist ja klar. Letztendlich geht alles über Qualität und der „Andernacher Weg“, den Kim sehr gut umsetzt, beinhaltet halt viele junge Spieler, die natürlich auch sehr wechselhaft in den Leistungen sind. Aber damit müssen und wollen wir auch leben. Das ist der einzig für uns darstellbare Weg.
Was derzeit allerdings noch Sorgen macht, sind die älteren männlichen Jugenden. A-Jugend, C-Jugend und zuletzt auch B-Jugend hinken den Erwartungen ein wenig hinterher. Woran liegt das?
Kowalski Bei der A-Jugend dachte ich auch, dass wir besser dastehen würden, wobei die Regionalliga brutal gut ist. Wenn man sich die Namen der Mannschaften ansieht, begeben wir uns da auf ein Feld, das sehr umkämpft ist. Nach dem Trainerwechsel zu Salvatore Nizza müssen wir jetzt mal schauen, ob es wirklich daran gelegen hat oder ob der Kader nicht stark genug ist. Aber ich glaube, da wird es noch ein Stück weiter nach oben gehen. Bei der B-Jugend dachte ich eigentlich auch, dass sie durchmarschieren. Da gab es jetzt einen kleinen Knacks, aber noch ist alles möglich. Bei der C-Jugend wussten wir, dass das ein ganz schweres Unterfangen wird.
Abseits des Sports ist ein Großprojekt angelaufen, mit dem viele Andernacher schon gar nicht mehr gerechnet hatten. Die Tribüne im Stadion wird saniert. Wie kam jetzt Bewegung in die Sache?
Kowalski Es hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die mit richtig guten Fachleuten etwas auf die Beine gestellt hat, das Hand und Fuß hat. Dadurch hat sich die Stadt auch begeistern lassen und ist froh, dass wir die alte Tribüne wieder in Schuss bringen und sie mit all ihrer Geschichte trotzdem erhalten werden. Die treibenden Personen mit Patrick Schmitz, Florian Stein und Viktor Rehl als Sponsor werden noch einiges bewegen in Andernach.
Und wenn alles gut läuft, soll die Tribüne zum Start der kommenden Saison schon fertig sein.
Kowalski Genau, so ist das Ziel. Das werden sie auch mit Sicherheit hinbekommen.
Welche Infrastrukturprojekte stehen in den kommenden Jahren sonst noch an?
Kowalski Sicherlich ist unser Kunstrasenplatz jetzt in einem Alter, wo er auch irgendwann neu gemacht werden muss. Außerdem würden wir gerne ein Stadionsprecherhäuschen an den Kunstrasen bauen. Ansonsten ist erstmal nichts Größeres geplant.
Was sind sportliche Langzeitziele?
Kowalski Die Erste Mannschaft sollte eine feste Größe in der Rheinlandliga bleiben und die Zweite in der A-Klasse. Das sind schon die Ligen, in denen wir unsere Mannschaften sehen. Natürlich kann es immer mal einen Schritt nach oben gehen, man darf aber auch die finanziellen Rahmenbedingungen nicht aus den Augen verlieren. Bei den Damen kannst du wahrscheinlich nicht hoch. Dann ist es schön, wenn wir trotzdem weiter in der Spitze mitspielen. Bei den männlichen Jugendmannschaften hätten wird natürlich gerne A- und B-Jugend in der Regional-, die C-Jugend in der Rheinlandliga und dass wir in den unteren Bereichen auch wieder erfolgreicher sind.
Jetzt beginnt erst einmal das Jahr 2023. Was sollte passieren, damit du in zwölf Monaten sagst: Das war ein gutes Jahr für den Verein?
Kowalski Grundsätzlich, dass die Finanzen weiterhin stimmen, dass wir nicht mehr Geld ausgeben als wir einnehmen. Ansonsten kann man gar nicht mehr so viel bewegen. Der Verein steht sehr gut da, wir sind ein Vorzeigeverein in der Region. Bei so vielen Mitgliedern, so vielen Mannschaften. Wenn sportlich die Ziele erreicht werden, dann sind wir hochzufrieden. Und auch da sind die meisten Mannschaften im Soll.
Marc Latsch stellte die Fragen.
Kowalski ist seit diesem Sommer Vorsitzender der SG 99.