Wachwechsel an der Spitze: Albrecht Schmitz, zuletzt Schatzmeister der SG 99 Andernach, übernahm im Oktober das Amt des Vorsitzenden von Hans Schellenbach, der nach 13-jähriger Tätigkeit wie schon lange vorab geplant seinen Stuhl freigab. Schellenbach wiederum beerbt den scheidenden Kai Franzke in der Funktion des Fördervereinschefs. Unser neuer Pressesprecher Marc Latsch sprach mit Schmitz über die aktuelle Situation.
Albrecht, du bist seit Kurzem neuer Vorsitzender der SG 99 Andernach. Wie kam es dazu?
Hans Schellenbach hat uns gesagt, dass er nach 13 Jahren als Vorsitzender aufhören möchte. Wichtig war mir zunächst, dass wir einen Nachfolger für mein bisheriges Amt als Schatzmeister finden. Als hierfür Emanuel Thiessen zugesagt hatte, war ich bereit, den Vorsitz zu übernehmen. Ich habe als Jugendleiter angefangen, war Geschäftsführer und Schatzmeister. Vorsitzender zu werden war dann keine so schwierige Entscheidung mehr. Mir war jedoch auch klar, dass ich das Amt nur übernehme, wenn Bodo Heinemann als Geschäftsführer weitermacht. Was dann auch so gekommen ist.
Du hast zwei personelle Veränderungen bereits angesprochen. Gibt es noch mehr neue Vorstandsmitglieder?
Yannik Velthaus hat von Jupp Kowalski das Amt des zweiten Vorsitzenden übernommen. Er ist eine Art Spielausschussvorsitzender, wie man das früher genannt hat. Er kümmert sich mit Kim Kossmann zusammen um den Spielbetrieb der Seniorenmannschaften. Wir haben außerdem Hans Schellenbach zum Ehrenvorsitzenden und Jupp Kowalski zum Ehrenmitglied ernannt.
Der Vorstand ist eine Mischung aus jung und erfahren. War euch das wichtig?
Ja. Es ist eine erfreuliche Entwicklung, dass wir im engeren Vorstand jüngeres Blut hinzubekommen haben. Das kann nur positiv sein. Katharina Sternitzke kümmert sich schon seit Jahresbeginn vorbildlich um den weiblichen Nachwuchs, Stefan Schmidt unterstützt jetzt auch offiziell tatkräftig unseren Jugendleiter Salvatore Nizza als zweiter Mann bei den Junioren.
Wird sich durch den Personalwechsel auch die Ausrichtung des Vereins ändern?
Im Gegenteil, der „Andernacher Weg“ bleibt unsere Leitlinie. Wir sind wahrscheinlich der einzige Verein in der Region, der vorwiegend mit Spielern aus der eigenen Stadt arbeitet. Wenn es keine Andernacher sind, sind es Spieler, die schon eine ganze Zeit im Verein spielen. So haben wir auch aus finanziellen Gründen aus der Not eine Tugend gemacht. Das ist eine Entwicklung, die unter Jupp Kowalski begonnen wurde und sich über die Jahre hinweg ausgewirkt hat. Diesen Weg wollen wir weitergehen.
Gibt es trotzdem Bereiche, in denen ihr andere Akzente setzen wollt?
Es gibt immer Kleinigkeiten, die man besser machen kann. Aber im Großen und Ganzen sind wir mit dem Förderverein, den jetzt Hans Schellenbach übernimmt, mit unseren Ehrenamtlichen, Sponsoren und mit den guten Trainern, die wir in allen Bereichen gewonnen haben, sehr gut aufgestellt.
In diesem Jahr scheint dem Verein ja auch der sportliche Erfolg recht zu geben. Wie viel Spaß macht es derzeit?
Sehr viel. Es läuft erfreulich gut. Patrick Schmitz führt mit der A-Jugend souverän die Rheinlandliga an, Markus Hilbig steht mit der B-Jugend in der Regionalliga gut da, die C-Jugend mit ihrem Trainer Steffen Weber hat sich in diesem Jahr enorm gesteigert. Die B-Juniorinnen haben sogar die Chance, in die Bundesliga aufzusteigen, und die Frauen sind aktuell Zweiter in der 2. Bundesliga Süd.
Und haben zuletzt das DFB-Pokal-Achtelfinale erreicht. Was in der Vereinsgeschichte etwas ganz Besonderes ist.
Absolut. Wir sind ja vorher schon dreimal im DFB-Pokal in die zweite Runde gekommen. Jetzt stehen wir sogar unter den letzten 16 und spielen am 6. Dezember zuhause gegen den FSV Gütersloh, den Zweiten der 2. Bundesliga Nord. Da stehen die Chancen 50 zu 50. Danach könnten dann Gegner wie Bayern München oder der VfL Wolfsburg kommen. Auch nach den paar Spielen in der Liga deutet alles darauf hin, dass die Leistungen unter Isabelle Hawel und dem neuen Trainer Florian Stein konstant bleiben.
Von den Frauen zu den Männern. Die Mannschaft ist Erster in der Rheinlandliga. Das ist nach der Vorsaison auch ein wenig verrückt.
Das ist verrückt, ja. Das muss man wirklich so sagen. Wir waren erst einmal, so blöd das klingt, froh, dass im Frühjahr die Corona-Pause kam. Die C-Jugend wäre sonst abgestiegen und auch für die Männer wäre der Klassenerhalt schwer geworden. Wir haben in der neuen Saison stets von Spiel zu Spiel gehofft. Dann reihten sich neben einer Niederlage in Metternich und einem Unentschieden in Trier-Tarforst auch Siege wie gegen Mayen ein. Spätestens gegen Mendig dachte ich, dass die Mannschaft ihre Grenzen aufgezeigt bekommt. Auch da hat sie dann glänzend agiert. Nach so vielen Spielen ist das kein Glück mehr, die Mannschaft hat sich gefestigt.
Wie lässt sich der Erfolg erklären?
Ich habe das Gefühl, dass Kim Kossmann die Mannschaft in einen fantastischen physischen Zustand gebracht hat und die Mannschaft zum Spielende noch stärker wird. Es wird wieder richtig schöner Fußball gespielt. So langsam geht das Verrückte in die Normalität über.
Ist die Corona-Pause doppelt bitter, wenn es sportlich gerade so gut läuft?
Ja. Aber warum sollte Kim die Mannschaft nicht wieder so hinbekommen. Allein der Mut ist beeindruckend, mit jungen Spielern aus der zweiten Mannschaft und aus der A-Jugend so einen Erfolg zu haben. Kim hat das Zutrauen, diese Jungs aufzustellen, das finde ich herausragend. Natürlich könnte die Pause zum Nachteil werden, aber ich glaube, dass Kim die Mannschaft auch danach wieder in Schwung bringt.
Wie sehr trifft Corona finanziell den Verein?
Das ist ein Geben und Nehmen. Es gibt keine Einnahmen mehr. Die fehlenden Zuschauer sind bei uns finanziell nicht so tragisch wie im Profifußball. Aber wenn die Sponsoren zurückziehen müssten, hätten wir natürlich ein Problem. Es sind aber zum Glück kaum Sponsoren abgesprungen. Corona hat uns somit bislang nicht so böse getroffen. Bei den Übungsleitern und Betreuern haben wir im Vorstand für die komplett spiel- und trainingsfreien Monate November und Dezember festgelegt, dass wir nur die Hälfte der üblichen Aufwandsentschädigungen auszahlen.
Was wären die sportlichen Erwartungen, wenn es im Frühjahr mit dem Spielbetrieb hoffentlich weitergeht?
Bei den Frauen rechne ich damit, dass sie die Klasse sicher halten werden. Ebenso bei der zweiten Männermannschaft und bei der B-Jugend. Der A-Jugend traue ich den Aufstieg in die Regionalliga zu, was dann auch vom Verein unterstützt würde. Bei der ersten Männermannschaft ist es natürlich so: Wenn sie nach Corona dieses Niveau hält, dann kann es passieren, dass sie Meister wird. Ich sage das mit aller Vorsicht. Wir behalten durchaus die Nerven, aber man sollte im Vorfeld schon einmal ausloten, ob und wie ein Aufstieg zu realisieren wäre. Wir müssen zu dem Schluss kommen, dass wir uns das finanziell leisten können. Aber der Mannschaft einen möglichen Aufstieg in die Oberliga zu verweigern, wäre schon schwer zu vermitteln.
Bei der Arbeit: Albrecht Schmitz, neuer Vorsitzender unserer SG 99 Andernach.