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Welle Wahnsinn wogt auch in Würzburg weiter: SG 99 siegt mit 2:0

Ganz ehrlich: Wer hätte das gedacht? Nach sechs absolvierten Spielen und gesammelten 15 Punkten stehen die Fußballfrauen der SG 99 Andernach an der Tabellenspitze der 2. Frauen-Bundesliga Süd. Und das aufgrund der deutlich besseren Tordifferenz, aber mit einer Begegnung mehr vor dem renommierten Top-Titelfavoriten 1. FC Köln, der dem Vernehmen nach mit dem zehnfachen Etat des zurzeit härtesten Konkurrenten den Wiederaufstieg in die Eliteklasse anpeilt. Auf ihrem märchenhaften Weg spielen die Bäckermädchen nun am Ostersonntag um 14 Uhr auf dem Rasenplatz des Andernacher Stadions gegen den Fünften Eintracht Frankfurt II.

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Zwei Wochen zuvor unterlag die SG 99 an gleicher Stelle im DFB-Pokalviertelfinale der ersten Garnitur aus der Mainmetropole. Nun aber geht es gegen die zweite Mannschaft der Adlerträgerinnen, die sich am Donnerstag zu Hause gegen den FC Ingolstadt nach Pausenführung noch mit 1:2 geschlagen geben musste. Trainiert werden die Gäste von der ehemaligen Nationalspielerin Kim Kulig, die sich aber im Sommer dem VfL Wolfsburg anschließen wird.

„Super“ war das am häufigsten verwendete Attribut unmittelbar nach dem 2:0-Sieg des neuen Spitzenreiters in Würzburg. Ein neues Spielsystem, die Moral, der unbändige Siegeswille, die gute Physis in der Schlussphase – alles passte an diesem sonnigen Spätnachmittag. Fast alles, bis auf das Problem bei der Anreise. Der Privat-Pkw des Trainerteams, das wie alle anderen auch am Abend vor der Abfahrt negativ schnellgetestet wurde, verlor bei einer Pause etwas den Anschluss an den übrigen Reisetross. Und stand bei der Weiterfahrt urplötzlich in einer Vollsperrung der A3 wegen eines schweren Unfalls, während die Kleinbusse mit der Mannschaft bereits knapp zwei Stunden vor Spielbeginn im Würzburger Sportpark Heuchelhof eintrafen.

Die Führung: Kathrin Schermuly (mit der 35 auf dem Rücken) trifft per Kopf zum 1:0 für die SG 99 in Würzburg. Foto: picsahr.de

Nicht gut: Der Trikotkoffer befand sich im Fahrzeug der Trainer. Keine Spielkleidung? Klingt zunächst mal wie eine schlechte Provinzposse. Vorsorglich wurde das Team in der Kabine per Zoom-Meeting aufs Spiel eingestimmt, der heutigen Technik sei Dank. Der Gastgeber hatte überdies seinen gelben Ausweichsatz für die 18-köpfige Bäckermädchenschar zur Verfügung gestellt, als fünf Minuten vor dem eigentlichen Anpfiff das reguläre Outfit nebst Trainerschaft endlich eintrudelte. Mit leichter Verspätung ging es los, am Ende war die ganze Aufregung nicht von Nachteil. In Andernach bleiben sie trotz der ordentlichen Siegesserie schön auf dem Teppich. Vordergründiges Ziel ist nach wie vor der Klassenverbleib, momentan liegen die Schützlinge des sportlichen Führungsduos Isabelle Hawel und Florian Stein schon stattliche zehn Zähler über der Abstiegszone. Co-Trainer Armin Grauel spekuliert ein wenig: „24 Punkte sollten am Ende reichen, um drin zu bleiben.“ Platz fünf ist dafür nötig, bei zehn noch auszutragenden Begegnungen ein machbares Unterfangen. Der Sprung in die Bundesliga, von dem viele im Umfeld fabulieren, ist indes kein Thema. Dafür wäre auch eine Bewerbung bis zum 15. März vonnöten gewesen. Die SG 99 hat sich jedoch lediglich dem für sie leistbaren Zulassungsverfahren für die zweithöchste Klasse der Republik unterworfen.

Hauptgrund für diesen wohl durchdachten Schritt ist die Infrastruktur, das in die Jahre gekommene Oval um den Rasenplatz erfüllt nicht die erforderlichen Bedingungen. „Für die Bundesliga brauchen wir 300 Sitzplätze, davon 150 überdacht“, nennt Geschäftsführer Bodo Heinemann ein Beispiel. Vorhanden ist nicht ein einziger, für die Zweite Liga ist dieser Zustand gerade noch in Ordnung. Die Holztribüne stand in dieser Form bereits 1956 beim Eröffnungsspiel der damaligen Spvgg Andernach gegen die ruhmreiche Elf des 1. FC Kaiserslautern auf dem Gelände, seinerzeit siegten die Bäckerjungen fast sensationell mit 3:1 gegen die Elf um Fritz Walter.

Seit der Inbetriebnahme des neuen Funktionsgebäudes im Stadionwall vor mehr als zehn Jahren ist die Tribüne aus Sicherheitsgründen jedoch für die Öffentlichkeit gesperrt. Zudem fehlt es seit eh und je an Flutlicht, der natürliche Rasenplatz bereitet zu Beginn und am Ende eines Jahres witterungsbedingt auch immer wieder erhebliche Probleme. Die Platzwart-Kolonne leistet stets ihr Bestes, zaubern können sie nicht. Und so gibt sich die SG 99 demütig mit dem zufrieden, was derzeit möglich erscheint. Immer in der Hoffnung, dass sich die (finanzielle) Situation mal bessert, um hier und da Abhilfe zu schaffen. Eine neue Tribüne, Rollrasen, LED-Flutlicht – das wäre schon was. Zunächst jedoch geht der Blick in die allernächste Zukunft, am Sonntag wollen die Bäckermädchen ihren sportlichen Lauf fortsetzen. Und den 1. FC Köln bis zum gemeinsamen Duell am 18. April in Andernach noch ein bisschen aus der Ferne ärgern.

Was für ein Tor ! „Flying“ Toni Hornberg trifft nach Maßflanke von Alina Wagner per spektakulärem Flugkopfball zum 2:0 für ihre SG 99 ins Würzburger Gehäuse. Foto: picsahr.de