Irre Achterbahnfahrt: SG 99 spielt nach 3:0-Führung nur 4:4 gegen Frankfurt II

99 packende Minuten, passend zum Gründungsjahr der gastgebenden SG Andernach, mit insgesamt acht Toren, vier auf jeder Seite. Der neutrale Zuschauer, sofern es den im Stadion unter den 175 Aufrechten überhaupt gab, kam beim Spiel der 2. Frauenfußball-Bundesliga zwischen den Bäckermädchen und Eintracht Frankfurt II voll auf seine Kosten. Wie es in den Köpfen der Hauptdarsteller auf und direkt neben dem Platz nach diesem 4:4 (2:0) ausgesehen hat, ist nicht zweifelsfrei überliefert. Die geflügelte Formulierung „Wechselbad der Gefühle“ trifft es vielleicht annähernd. Denn das Spiel beinhaltete neben dem munteren Torreigen eine ganz spezielle Dramaturgie. Scheinbar uneinholbar lag die SG 99 nach etwas mehr als einer Stunde mit 3:0 in Führung, bevor eine einzige Frankfurter Spielerin mit einem handlichen Viererpack das Geschehen bis zur dritten Minute der Nachspielzeit komplett auf den Kopf stellte. Am Ende musste der Gastgeber sogar noch von Glück reden, dass die spät eingewechselte Anga Bartzen einen Torwartfehler noch zum finalen Gleichstand nutzte (90.+5).

Der Andernacher Trainer Florian Stein musste sich emotional erst einmal sammeln, bevor er einen Blick auf seine Einschätzung des Spielverlaufs gewährte: „Eine absolute Achterbahnfahrt. Wir haben 60 sehr gute Minuten gespielt. Nach dem 3:0 dachte ich, das Ding hier wäre durch. Aber leider haben wir den ersten Gegentreffer danach zu schnell gefangen und den Gegner so Stück für Stück aufgebaut. Frankfurt war dann brutal effektiv, hat praktisch jede Chance genutzt. Das Unentschieden fühlt sich wie eine Niederlage an. Derart ersatzgeschwächt bekommst du es hinten raus mit der Kraft leider nicht mehr geregelt. Ich ziehe aber den Hut vor der Comeback-Qualität unserer Mädels.“ Der Reihe nach: Nach schleppendem Andernacher Start hätte die Eintracht schon früh ihre fünfeinhalb (!) Stunden währende Torflaute fast beendet, aber Sarah Khalifa traf nur die Unterkante der Latte (5.).

In der Folge kam die SG 99 immer besser ins Geschehen und stellte per Doppelpack eine scheinbar beruhigende 2:0-Pausenführung her. Erst traf Kathrin Schermuly nach Steckpass von Carolin Schraa (39.), dann Schraa selbst nach haarsträubendem Rückpass der Frankfurterinnen. Die Nummer sieben umkurvte Torhüterin Hannah Johann und vollendete cool – das zehnte persönliche Erfolgserlebnis in dieser Saison (41.). Und als Schraa nach Solo über die linke Seite erneut ins Schwarze traf (62.), war die Messe offenbar gelesen. Aber weit gefehlt. Es begann die Zeit der eingewechselten Sarah Wiesner. Ihre Treffer eins (65.) und vier (90.+3) waren begünstigt durch Andernacher Abwehrschnitzer, zwischenzeitlich traf sie nach einem Sprint über rechts (70.) und nach Querpass ihrer ebenfalls nach der Pause ins Spiel gekommenen Teamkollegin Johanna Berg (85.).

Keine Frage, dass die SG 99 und ihr Anhang nach dem 3:4-Zwischenstand restlos bedient waren. Aber ein Aussetzer der Frankfurter Keeperin bescherte wenigstens noch einen Zähler. Johann ließ einen bereits gefangenen Kopfball noch einmal fallen, die erst kurz zuvor für Schraa eingewechselte Bartzen schaltete schnell und drückte das Spielgerät über die Linie – 4:4. Das war’s, obwohl die Schiedsrichterin aufgrund diverser Verletzungsunterbrechungen den munteren Schlagabtausch noch weitere 240 Sekunden laufen ließ. Die Frankfurterinnen bleiben mit diesem Punktgewinn oder -verlust – je nach Betrachtungsweise – im Dunst der Abstiegszone. Die Bäckermädchen rutschten im Zahlenwerk auf Platz fünf zurück und treffen nun am kommenden Sonntag in Ingolstadt auf eine weitere Mannschaft, die noch um den Klassenverbleib kämpft. Bodo Heinemann

Die Statistik zum Spiel gibt es HIER

Die Tore im Video-Zusammenschnitt gibt es HIER bei staige.tv

Weiter geht es am Sonntag, 14. Mai (11 Uhr), mit dem Auswärtsspiel beim FC Ingolstadt 04.

Dynamisch zieht Carolin Schraa hier an der Frankfurter Torhüterin Hannah Johann vorbei und trifft zum 2:0 für ihre Farben, in der zweiten Halbzeit erhöhte sie sogar auf 3:0. Zum Sieg der SG 99 sollte das aber nicht reichen. Fotos: Tobias Jentaschek / Norina Tönges

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